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BGH Aminopyridin: Nichtigkeitsklage erheben bei anhängigem EPA Einspruch



BGH Aminopyridin: Wann Nichtigkeitsklage bei anhängigem EPA Einspruch

Der BGH hat sich in der Entscheidung Aminopyridin geäußert zu dem Zusammenhang und den Abhängigkeiten zwischen Nichtigkeitsklage und Einspruch vor dem Europäischen Patentamt (EPA). Die Entscheidung Aminopyridin (X ZR 47/22) behandelte die Frage:

Wann kann ich eine Nichtigkeitsklage erheben, wenn ein europäischer Einspruch anhängig ist?

Der Sachverhalt


In der Sache geht es um ein Schutzrecht das sich mit der Aminopyridin-Zusammensetzung mit verzögerter Freisetzung befasst zur Behandlung von Multipler Sklerose. Mit ihrer am 20. August 2020 eingereichten Nichtigkeitsklage hat die Klägerin die vollständige Nichtigerklärung des Streitpatents beantragt und geltend gemacht, der angegriffene Gegenstand sei nicht patentfähig.

Parallel hierzu verteidigte die Beklagte das angegriffene Schutzrecht bereits vor dem Europäischen Patentamt u. a. in zwei geänderten Fassungen. Unter Berücksichtigung dieser Änderungen wurde das Schutzrecht vom Europäischen Patentamt schließlich in geändertem Umfang aufrechterhalten. Die Entscheidung des Europäischen Patentamts fiel am 21. Juli 2022.

Noch vor dieser EPA Entscheidung, und zwar mit Urteil vom 25. Februar 2022, wies das Patentgericht die Nichtigkeitsklage zunächst noch als unzulässig ab (BPatG – Fampridin (3 Ni 23/20 (EP)).
Dagegen richtete sich die Berufung der Klägerin, die weiterhin die vollständige Nichtigerklärung weiterverfolgte und vorrangig eine Zurückverweisung der Sache an das Patentgericht beantragte.

BGH: Nichtigkeitsklage bei anhängigem Einspruchsverfahren


Das Patentgericht begründete seine Entscheidung im Wesentlichen damit, dass die Klage gemäß § 81 Abs. 2 Satz 1 PatG unzulässig sei, weil das Einspruchsverfahren vor dem Europäischen Patentamt noch anhängig sei.

Doch das Einspruchsverfahren ist mittlerweile abgeschlossen, wie der BGH feststellte. Und damit habe nach Ansicht des BGH das Streitpatent seine Wirkung verloren, soweit sein Gegenstand über die im Einspruchsverfahren vor dem EPA geänderte Fassung hinausgeht (BGH, Urteil vom 17. April 2012 - X ZR 55/09, GRUR 2012, 753 Rn. 19 - Tintenpatrone III).

Entscheidend ist also die Frage: Wann endet das Einspruchsverfahren?

Wann endet das Einspruchsverfahren?


Dazu hatte sich auch das Bundespatentgericht geäußert in der Entscheidung Fampridin. Demnach sei für die Beurteilung, ob das Klagehindernis nach § 81 (2) 1 PatG vorliegt, nicht auf den Zeitpunkt der Klageerhebung, sondern des Schlusses der mündlichen Verhandlung abzustellen (BGH GRUR 2011, 848 Rn. 17 - Mautberechnung).

Der BGH bestätigte diese Einschätzung und ergänzte als Leitsatz, dass dabei auch Änderungen zu berücksichtigen seien.

Der Leitsatz lautet:
„PatG § 81 Abs. 2 Satz 1
Für die Beurteilung, ob das Klagehindernis nach § 81 Abs. 2 Satz 1 PatG vorliegt, ist nicht auf den Zeitpunkt der Klageerhebung abzustellen, sondern auf den Zeitpunkt der Entscheidung über die Klage.
Hierbei sind auch Änderungen zu berücksichtigen, die erst im Laufe des Berufungsverfahrens eingetreten sind (Bestätigung von BGH, Urteil vom 19. April 2011 - X ZR 124/10, GRUR 2011, 848 Rn. 17 - Mautberechnung).“

Wenn also – wie im vorliegenden Fall - das Europäische Patentamt entschieden hat, dass das Patent in geänderter Fassung aufrechterhalten wird, und dies nicht mehr angefochten werden kann, dann ist eine Nichtigkeitsklage nur noch zulässig, soweit sie sich gegen den Rechtsbestand des geänderten Umfangs richtet.

Für den Wegfall des durch ein Einspruchsverfahren beim Europäischen Patentamt begründeten Klagehindernisses ist nicht allein ausschlaggebend, ob das Verfahren formell beendet und das Patent in seinem Rechtsbestand formell eingeschränkt worden ist.

Maßgeblich ist vielmehr, so erklärte der BGH, ob das Einspruchsverfahren einen Stand erreicht hat, in dem die Gefahr widersprechender Entscheidungen oder einer unnötigen Doppelbefassung nicht mehr besteht. Zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung jedenfalls war das Einspruchsverfahren insoweit abgeschlossen.

Schlussendlich wurde die Sache zur tatrichterlichen Beurteilung zu neuer Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Der BGH erläuterte, das Patentgericht habe - von seinem Standpunkt aus folgerichtig – die Begründetheit der Klage nicht geprüft. Auch hielt der BGH die kurzen Ausführungen des Patentgerichts für keine geeignete Grundlage, um über den komplexen Sachverhalt zu entscheiden.

Sie finden zu diesem Fall auch ein Youtube Video von uns unter folgendem Link: Youtube: Wann kann ich Nichtigkeitsklage erheben bei anhängigem EPA Einspruch?

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